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Das schwere Unglück

Der Buchdrucker Otto Taylor lebte lange Zeit in Edinburgh, doch dort verdiente er nicht viel. Es gab im 17. Jahrhundert schon größere Verlage, die schon mehrere Filialen besaßen. Er musste handeln. Er hatte nur ein kleines Verlagshaus: Oben wohnte er und unten hatte er die Druckanlagen. Es kamen manchmal zwei ältere Ehepaare, um einen Brief drucken zu lassen, aber dafür konnte er nicht 100 Pfund verlangen. Heute wollte er in die Bibliothek gehen, um sich ein Buch über den Buchdruck auszuleihen. Das kostete vier Pfund. Er hatte nur noch einen halben Laib Brot und nur noch sechs Pfund in der Tasche. Nach einer Stunde war er wieder in seinem Verlagshaus und schaute in das Buch. Er suchte nach einem Gebiet, in dem der Buchdruck noch nicht sehr ausgebreitet war. Er konnte nach Amerika, Indien oder Afrika gehen. Einen Tag wartete er noch, dann wollte er sich entscheiden. Das Brot neigte sich dem Ende zu: ein Viertellaib hatte er noch. Am Abend des nächsten Tages entschied er sich. Er wollte nach Indien. Vor zwei Wochen hatte er einen selbst gedruckten Zettel an die Dorfkirche genagelt: „Zweistöckiges Familienhaus zu vermieten – 6.000 Pfund“. Würde es jemand mieten? Nebenan im Stall schnaubte das Pferd. Es würde jetzt mal wieder zum Einsatz kommen. Plötzlich klopfte es an der Tür. Es war eine junge Familie. Sie wollten das Haus mieten. Die Familie unterschrieb den Mietvertrag, er sollte aber erst ab nächsten Monat gelten. Er musste sich beeilen mit dem Ausräumen. Er plante, für sechs Jahre fortzugehen. Otto und die Familie hatten sich geeinigt, dass er das Geld im Voraus bekommen würde. Er bekam 36.000 Pfund Reisegeld mit. Es war ein Wunder für ihn, dass manche Leute so viel Geld innerhalb von einer Woche aufzubringen vermochten. Die ganzen Druckutensilien brachte er in den Stall, den er davor ausgeräumt hatte. Das Pferd musste also einen Monat im Freien verbringen. Er nahm die Druckutensilien nicht mit. Von 36.000 Pfund konnte er sich gut neue für Indien kaufen. Er hatte noch zwei Wochen. Jetzt war alles freigeräumt. Er nahm eine Decke, Geld, Proviant, sein Pferd und ritt los. Genau an dem Tag, an dem das Segelschiff ablegen sollte, kam er in Nord-Edinburgh an. Es war strahlend blauer Himmel. Er würde jetzt alles verlassen und ein Jahr auf dem Wasser verbringen. Es war ein riesiges Schiff, um das sich eine große Menschenmenge bildete. Er kaufte das Ticket direkt auf dem Schiff. Es kostete 3.000 Pfund. Endlich nach einer halben Stunde Wartezeit fuhr es los.

Neun Monate passierte nichts Besonderes. Sie kamen am Kap der guten Hoffnung ohne Probleme vorbei. Sie passierten die Price Edward Island. Plötzlich kam ein schwerer Sturm auf. Das Schiff schwankte und war von Nebel umhüllt. Es schwappte immer mehr Wasser in das Schiff. Panisch kletterte Otto auf den Ausguck, den er von unten nicht gesehen hatte. Oben angekommen schien die Sonne. Er schaute nach unten: Nebel war unter ihm, doch er löste sich auf. Das Schiff war nicht mehr zu retten. Es war prall voll mit Wasser. Das Segelschiff ging so langsam unter, dass er als Einziger am Ausguck nur staunend über das Meer blickte, das zu ihm emporstieg. Im nächsten Augenblick war er klatschnass, das Wasser schlug über ihm zusammen und das Segel, an das er sich klammerte, zog ihn in die Tiefe. Also ließ er es los. Er sah aus dem Augenwinkel Menschen, die nicht schwimmen konnten. Dann wurde er bewusstlos. Nach ungefähr drei Stunden wachte er auf. Er lag auf etwas Hartem. Er hatte das Unglück überlebt. Wo war er? Er überlegte, wo er war. Er wusste es. Auf dem McDonald Island. Auf dem Schiff hatte der Kapitän ihm die Karte gezeigt und gesagt, wo sie waren. Die Strömung ging in seine Richtung und sie waren kurz vor dem McDonald Island gewesen. Hatte er noch sein Geld und seine Decke? Er fasste in seine Hosentasche. Seine 33.000 Pfund hatte er noch. Doch seine Decke war weg. Er schaute auf das Wasser. Es war ruhig und er konnte nichts mehr vom Schiff sehen. Er musste weinen. Seine letzten Sachen von Edinburgh waren weg. Die Decke war von seiner Urgroßmutter und das Pferd hatte er zu seinem 18. Geburtstag bekommen. Es war zwar schon ein wenig lahm gewesen, aber es war sein Gefährte und sein Transportmittel. Es wurde dämmerig. Er brauchte einen Schlafplatz und etwas zu essen. Er lief ein wenig bergauf in Richtung Süden. Er hatte dort nämlich ein paar Bäume mit Früchten gesehen. Otto fand eine schöne Höhle und richtete sie sich etwas ein. In den nächsten Tagen wurden weitere wichtige Gegenstände angespült. Darunter waren Waffen, Nahrung, Decken und Gefäße. Diese räumte er sorgfältig in seine Höhle. Die Lebensmittel waren nicht verdorben, weil die Fässer außen mit Teer angestrichen waren. Sie konnten schwimmen, weil sie nur halb voll waren, aber dafür hatte er zehn Fässer. Am darauffolgenden Tag wollte er jagen gehen und das Eiland erkunden. Er schoss ein Reh, das wahrscheinlich hier einmal ausgesetzt worden war. Also hatten hier schon einmal Menschen gelebt oder lebten immer noch hier. Er nahm das Reh aus, salzte es und legte es in ein leeres Gefäß, das man verschließen konnte. Außerdem fand er noch Mangos, Kartoffeln und Tomaten. Es war ein langer und anstrengender Tag. An diesem Abend war der Sonnenuntergang besonders schön. Er hatte noch nichts zu Abend gegessen. Otto fand in einem von ihm noch unberührtem Fass eine Kerze. Er hielt sie an das Feuer, das er vor einer Stunde angemacht hatte. Schnell hatte er eine brennende Kerze. Er machte das Feuer aus, ging in seine Höhle, aß zwei Mangos und eine Tomate, machte die Kerze aus und legte sich schlafen. Plötzlich knallte es mitten in der Nacht und Otto fuhr erschrocken hoch. Ihm lief der der Schweiß von der Stirn. Instinktiv griff er zu einem seiner Gewehre, zündete eine Fackel an, die er gestern gefunden hatte und lief den Berg in Richtung Süden hoch. Er sah ein grelles Licht. Die Luft um ihm schmeckte rauchig. Es war ein Feuer. Schnell rannte er zurück in seine Höhle, um sich in Sicherheit zu bringen. Otto hielt sich die Ohren zu. Er schlief nochmals ein. Er erwachte erst wieder am Vormittag. Ihn interessierte brennend, was gestern geschehen war. Also aß er zwei Mangos, lief wieder den Berg hoch und sah, dass ein Vulkan ausgebrochen war. Die Luft schmeckte immer noch rauchig. Er überlegte sich, ob er sich zum einen die Umgebung noch besser anschauen sollte und zum anderen vielleicht lieber einen neuen Unterschlupf suchen sollte. Sollte er sich vielleicht ein Baumhaus… Weiter kam er nicht, denn ein Beben erschütterte den Boden. Dann gab es einen lauten Knall. Er wollte aufstehen, doch da kam schon wieder ein Beben. Er lauschte. Er vermutete einen Knall, doch es kam nichts. Schnell stand er auf und rannte in seine Höhle zurück. Jetzt aß er erst einmal etwas.

Er war inzwischen 26 Jahre auf dieser Insel. Ob seine Mieter noch in seinem Haus lebten? Woher kam dieser Knall? Er schaute hinaus und sah, dass Steine durch die Luft flogen. Diese kamen wahrscheinlich von dem Vulkan, also der Knall wahrscheinlich auch. In den darauffolgenden Monaten ging es Otto Taylor zunehmend schlechter. Er hatte Probleme mit dem Laufen und sein Essensvorrat neigte sich dem Ende zu. Er musste jetzt mit seinen letzten Kräften auf die Jagd gehen. Er hatte noch kein Essen an diesem Tag gehabt und es war schon Mittag. Er schoss zwei Hasen, die er nach dem Ausnehmen und Braten gleich verspeiste. Danach legte er sich schlafen. Er machte sich noch einmal bewusst, dass er schon 80 Jahre alt war. Als er von seinem Schlaf wieder aufwachte, war es schon ein wenig dämmerig. Er brauchte noch etwas zu essen. Er lief den Berg hinauf, um Mangos und Tomaten zu pflücken. Er bückte sich nach Kartoffeln, die etwas weiter rechts wuchsen. Als er sich wieder aufrichtete, sah er im Mondschein, der in dieser Nacht komischerweise sehr hell war, obwohl kein Vollmond war, eine grüne Fläche. Er sah sofort, dass es kein Gras war. Otto nahm die Körbe mit Tomaten, Mangos, Kartoffeln und lief schnell dorthin. Er pflückte einen Halm. Er wusste nicht, was es war, probierte es aber, weil er von seiner Großmutter wusste, dass es manchmal Kräuter gibt, die Kopf- und Bauchschmerzen lindern. Er nahm noch einen ganzen Korb davon mit, um jeden Tag einen Halm einzunehmen. Schnell machte er sich auf den Weg zurück. Doch als er vor seiner Höhle war und auf das Meer schaute, sah er, dass ein Schiff in der Nähe des Strandes den Anker warf. Er lief sofort dort hin und fragte, wo das Schiff hinfuhr. „Das Schiff fährt nach Nord-Edinburgh“, sagte der Kapitän, „warum fragen Sie?“ „Könnte ich theoretisch mitfahren?“ „Ja, durchaus, schon. Aber warum?“ Otto erzählte seine ganze Geschichte. Das Schiff ankerte hier, weil man Wasser auffüllen musste. „Ist denn noch Platz auf dem Schiff?“, fragte Otto. „Ja, wenn Sie nicht allzu viel Gepäck dabei haben schon. Sie müssen sich jetzt aber beeilen“, sagte der Kapitän. Dies ließ sich Otto nicht zweimal sagen, lief in seine Höhle und packte all sein Gepäck zusammen. Nach einer Stunde fuhr das Schiff los und Otto gab dem Kapitän 3.000 Pfund. Nach neun Monaten kam er gesund in Nord-Edinburgh an. Dort kaufte er sich erst einmal ein Pferd. Dann ritt er zu seinem Haus. Tatsächlich: Die Familie wohnte noch dort! Er war jetzt zehn Jahre weggewesen. Er bekam noch vier Jahre Miete nachgezahlt, also 24.000 Pfund. Zum Glück hatte er im Mietvertrag festgelegt, dass man ihn jederzeit, von beiden Seiten aus kündigen konnte. Er klopfte an die Tür. Es dauerte nicht lange, bis der Familienvater die Tür öffnete. Er fragte: „Wer sind Sie?“ War er denn nicht mehr zu erkennen? Anscheinend nicht. „Otto Taylor“, sagte er „Ah!“ Wie konnte er ihm begreiflich machen, dass die Familie jetzt ausziehen musste „Wie in dem Mietvertrag aufgeführt, kündige ich Ihnen.“, sagte Otto. „Was? Das können Sie uns doch nicht antun.“ „Was soll ich denn tun? Auf jeden Fall bekomme ich noch 24.000 Pfund. Es tut mir leid, aber ich bin eben wieder zurück.“ „In Ordnung. Dann packen wir zusammen. Kommen Sie doch herein.“ „Halt. Sie könnten auch in den Stall ziehen, bis Sie eine Wohnung gefunden haben. Er ist ja nicht voll mit Stroh. Sie könnten Ihre Sachen alle hochnehmen, dann kann ich mich hier unten  einrichten und wenn der Stall leer ist, putze ich ihn und sie können dort hinein. Mein Pferd kommt dann einfach in den Garten. Wir bauen den Stall noch ein wenig um. Zum Beispiel machen wir einen neuen Boden hinein. Von der Höhe her würde es sogar funktionieren, dass wir einen zweiten Stock bauen. Ich helfe Ihnen bei diesem Projekt natürlich. Ah. Was mir gerade noch einfällt: Wir könnten uns doch auch duzen, oder?“ „Klar! Ich bin Johann. Meine Frau heißt Grete und die Kinder heißen Peter und Jacob“ „Freut mich! Ich bin Otto! Gut, ich würde sagen, dass wir mit dem Umbau anfangen!“ „Klar doch! Ich bedanke mich ganz herzlich bei dir. Hier ist noch dein Geld.“ „Danke.“ Der Umbau dauerte vier Monate. Es war harte Arbeit. Johann und Otto hatten vereinbart, dass sie immer gemeinsame Mahlzeiten einnahmen. Es war am Morgen des 25. Mai 1695, als sich Johann wunderte, dass Otto nicht schon auf war. Langsam ging er in sein Schlafzimmer und sah Otto dort friedlich schlafen. Er schüttelte seine Hand, doch er wachte nicht auf. Johann fühlte seinen Puls… Er erschrak fürchterlich, weil er merkte, dass keiner da war.

Todesanzeige

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